Der Ort Saxler

Die Vulkaneifelregion zeichnet sich aufgrund ihres fruchtbaren Bodens durch eine sehr lange Siedlungskontinuität aus, und dies gilt natürlich auch für den Bereich der Ortsgemeinde Saxler. Schließt man die frühesten Spuren menschlicher Besiedlung mit ein, so bewohnen Menschen die unmittelbare geographische Lage seit ca. 3.000 Jahren. Umso erstaunlicher ist diese Tatsache, wenn man bedenkt, dass der Ort in all dieser Zeit niemals größer, aber auch nicht kleiner geworden ist.

Zusammengefasst, war die Gegend um Saxler in jeder historischen Epoche Gegenstand politischer Kalkulation:

  • Römische Kaiser schenkten ihren treuen Veteranen Landparzellen jenseits der Alpen, um dort ihren Ruhestand zu verleben (archäologische Funde römischer Villa Rustica zwischen Gillenfeld, Saxler und Ellscheid)
  • Das Recht auf Erhebung von Steuern aus Fischzucht, Jagd und Landwirtschaft, sowie die Vergabe von Lehen wurde durch Erzbischöfe und Ritter verhandelt, um den eigenen Machtanspruch in der Region zu unterstreichen (der Ort Saxler gehörte so einmal zum Erzbistum Köln, dann wieder zum Erzbistum Trier).
  • Die grundlegenden Änderungen, die Deutschland unter Napoleon erfahren hat, hinterlassen auch in Saxler für immer ihre Spuren (aus einem See mit Fischerdorf wird eine Region, die ausschließlich landwirtschaftlich genutzt wird).

Geschichte in Zahlen und Ereignissen:

ca. 900 BC Nachweis erster menschlicher Besiedlung (wahrscheinlich Kelten):

Ein von Menschen bearbeitetes Holzstück [1], dendrochronologisch datiert auf 815 BC sowie eisenzeitliche Gefäßfragmente.
Die keltischen Ortsnamen Saxler (Sack(es)-Lehr[2], [Lehr =See]) und Udler (Aus/über dem See/Lehr) mögen vermutlich in dieser Zeit, d.h. vor mehr als 2.500 Jahren, entstanden sein. Die Vorsilbe „Sax“ lässt sich nicht eindeutig etymologisch entschlüsseln, einige meinen es deute auf den Volksstamm der Sachsen, oder es käme von „Stein“, wieder andere sehen einen „Sack“ (Seitental) an der Strohner Vulkantalsperre oder deuten es von „absacken, versinken, untertauchen“ und würde bedeuten, dass dieser Teil einmal im unterirdischen See/Lehr oder in einem überdeckten Maar versunken sei.

ca. 100 AD Tonscherbenfunde (ff. bis ins 4. Jahrhundert)

ca. 180 AD zahlreiche Münzen[3] aus der Zeit von Kaiser Marcus Aurelius, Tochter Lucilla und Sohn, Kaiser Commodus

sowie Siedlungsreste aus merowingischer und karolingischer Zeit im Bereich der Gemarkung Lier/Löhr.

ca. 960 AD Mühlenradschaufelblatt (im Uferbereich des Saxler Weihers/Gemarkung Udler)
um  1100  erneuern die Herren[4] von Daun ihre Weiher

1235 erscheint urkundlich erstmalig Saxler als Name einer Ritterfamilie[5]: es werden in einer Schenkungsurkunde zwischen Heinrich von Kerpen und der Abtei Himmerod  als Freunde und Zeugen die Ritter (milesAlbero, Ricardus und Isenbardus de Sacslar[6] genannt.

1281 wird der Saxeller Weiher erstmals als Fischweiher genannt.

1286 am 26. März trägt Heinrich (V.) Herr zu Dune (Daun) (reg. 1276-96), Marschall von Luxemburg etc., seine Burg (castri nostri)  zu Sackeslare[7] mit den dazu gehörigen Weihern  (cum piscinis) dem Erzbischof Seyfried[8] von Köln für 130 cölnische Denare vom Zoll zu Andernach zu Lehen auf; ähnlich 1287 gegen 150 empfangene Mark.

Saxlerer Mühle, Foto um 1927

1342 das mitteleuropäische Jahrtausendhochwasser hat, wie vermutet wird, auch hier die Dämme und Schleusen der Weiher durch Überflutung beschädigt. Sie hätten nur mit großem Aufwand in Stand gesetzt werden können.

1356 die Dauner Burgherren verkaufen ff. dem Erzbischof Boemund[9]  von Trier die halbe Herrschaft Saxler[10]  nebst einem dazugehörigen Weiher.

1362 am 16.12. verkaufen für 300 Gulden Richard[11] und sein Bruder Heinrich[12] Herren zu Daun ihre Anteile an der Mühle nebst dem Weiher zu Sachsler dem Cuno[14] Erzbischof v. Trier auf Wiederkauf.[13]

1363 wird das Mühlenwehr[14] der Saxler Mühle erneuert. (Dendrodatum)

1364 tragen Richard von Daun und seine Gattin Irmerswand ihren „Neuenhofer“ in Saxler Herrn Burchard, Herr zu Vinstingen und Schöneck, zu Lehen auf.

1395 am 28.04. verkauft Johann Herr zu Daun endgültig seinen Restbesitz in Saxler dem Trierer Erzbischof Werner v. Falckenstein[16]

1414 verstirbt Gyse v. Usse, der die Mühle zu Saxlair[17] neu aufgebaut hatte. Sie wird vom Trierer Erzbischof Werner v. Falckenstein (1388-1418) am 04.12. erblich an Gyses Sohn Johann v. Usse mit Frau Gertrud verliehen.

1480[18] am 06.01. verkauft Cune v. Enßlingen (Eßlingen/Krs.Bitburg)[19] u.a. seinen Anteil am Hof zu Saxeller an Johann II. von Baden, Erzbischof von Trier

Fenstersims von 1551

1551 wird das Saxler Mühlen-Gebäude neu aufgebaut, Fenstersims (heute noch sichtbar) mit kurfürstlichem Wappen des Erzbischofs von Trier, Johann V. von Isenburg (1547-1556)

1794 werden in einem Verhörprotokoll[20] vom 13.05.“Pastor Frantzen/Mehren gg. Gemeinde Saxler“ u.a. drei Höfe genannt: das „Hofgut Saxeler“ zehntfrei, Bröckerhof und Grafenhof zehntpflichtig an die Kellerei zu Daun (Kellerei des Erzbischof von Trier)

1804 wird unter Napoléon die Kirche enteignet, die Weiher um Saxler und Udler werden abgelassen und der Boden der Seen zu Gunsten des  napoléonischen Staates verkauft. Damit endet auch die Bedeutung des Fischerdorfes Saxler. Der „Landgewinn“ durch die Weiherböden steht in keinem Verhältnis zu dem Verlust des Fischreichtums (Hechte, Barsche, Karpfen, Schleien, Aale). Die einstigen Weiher sind aber heute nach 200 Jahren immer noch an den Dämmen zu erkennen und alle Wege führen über die Dämme um die abgelassenen Weiher herum.

(Verfasser: E.Schuffenhauer, Saxler)


 

Anmerkungen/Literatur:

[1] H. Löhr und M. Neyses „Späteiszeitliche bis mittelalterliche Ablagerungen im Alfbachtal zwischen Udler und Saxler und ihre dendro­chronologische Datierung“ in Funde und Ausgrabungen im Bezirk Trier – Aus der Arbeit des Rheinischen Landesmuseums Trier, Bd 29, 1997, S.51- 66

[2] Le(h)r, Löhr, Lie(h)r und schließlich auch Laar oder Laach bedeuten auf deutsch, Weiher, seenreiches Gebiet, fast stehendes Gewässer, etc. in Assimilisation  d.h. in Verschmelzung mit dem lateinischen „lacus“ wird daraus „Laar“, jedenfalls immer mit langem „A“ (auch in „Sax“ ein langes „A“) erscheint auch „Sacceslar“; noch heute werden die Einwohner von Saxler als „Saxelaacher“ d.h. der heutige Ortsname wird mundartlich „Saagslehr“ gesprochen.

[3] Dirk L. Krause, Antje Fischbock: Fundstellenkatalog Fundstelle 1242, 2006,

[4] A. Mayer/F. Wißkirchen „Fisch für Bischofs Tisch – Kurfürstliche Fischweiher im Amte Daun“  Daun, HJB Daun 1993

[5] Nachkommen (Descendenten) oder Vasallen, Lehens-, Amtleute der Herren v. Daun, oder auch v. Manderscheid/Kerpen, möglicherweise auch v. Warsberg (Saarbrück/Alben), die vielfach miteinander verschwägert sind – aber das sind nur Vermutungen auf Grund der Patronyme (Albero: gen. 1218 v.Kerpen-Manderscheid; Ricardus: v.Manderscheid gen. 1218,1235; v.Daun, gen. 1216-1232; Isenbardus: gen. 1247-56 v.Warsberg) [nach H.Beyer Urkundenbuch zur Gesch. // mittelrh. Territorien, Coblenz 1860]

[6] Sammlg,Straßer – StadtA. Trier, hier 1234 gen,], sowie Eltester/Goerz Urkundenbuch etc mittelrhein. Territorien, Bd.III, S.424, Coblenz 1874

[7] nach W.Hoersch u.a. Geschichte d. Grafen v.Daun zu Daun, S.117, Daun 1877

[8] Seyfried oder Siegfried von Westerburg, Erzbischof von Köln, reg. 1275-1297, Niederlage 1288 i.d. Schlacht von Worringen

[9] Bohemund oder ‚Boemund (II.) von Saarbrücken, Erzbischof von Trier, reg. 1354-1362

[10] A. Mayer „Saxler und seine Burg etc.“ in TV vom 20.05.2010, Nr. 115, S.10

[11] Richard (V., gen. 1409, oo Irmensidis (1358 Irmeswand) von Daun, (Td. Friederich von Dune, gen. von Wolkeringen oo Elisabeth von Flörkingen)
Sohn des Egidius (Gilles) Herr zu Daun oo Cunigunde von Virneburg, jüngerer Bruder des Heinrich

[12] Heinrich (VIII.) zu Dune, gen.1353-82, oo Catharina v. Manderscheid, Td. Wilh. [+1386] oo Lucia v. Neuenare), Sohn wie vorg.
beide Richard und Heinrich, H.M.Schleicher in Sammlung E. v. Oidtman, Bd. 4, S.495, WGFK 1993, sowie Hörsch a.a.O.

[13] Cuno (Kuno II.) von Falkenstein, Erzbischof  von Trier. reg. 1362-1388

[14] Sammlung E. v. Oidtman, Bd. 4, S.497, 1993

[15] H.Löhr, M.Neyses-Eiden „Ein Dendrodatum für Erzbischof Boemunds Fischteich – Der hochmittelalterliche Staudamm bei der Saxler Mühle, Kreis Daun“ in: Archäologie in RP 2003, Herausgegeben vom Landesamt für Denkmalpflege RP etc. dendrochronologische Bestimmung auf den Winter 1362/63, Fälldatum der Bäume

[16] Werner von Falckenstein, Erzbischof von Trier, reg. 1388-1418, führt viele Fehden und damit das Kurfürstentum Trier an den Rand des Staatsbankrotts.

[17] Saxlair mit Dehnungs „i“, gesprochen: „Saagslaar“, ebenso Saxlaer mit Dehnungs „e“.

[18] Korrektur zum heutigen Kalender: (bei Urkunden dieser Zeit ist die Jahreszahl zwischen 1. Advent und Ostern abhängig vom Ort der Abfassung und unterschiedlich z.B. zwischen Köln, Mainz und Trier) Der stilus Trevirensis (Trier) nennt i.d. Urkunde den 06.01.1479 (in Kurtrier ist der Jahreswechsel erst am 25.03. zum Jahr 1480); nach unserem Kalender entspricht der 06.01.1479 in der Urkunde der heutigen Jahreszahl 1480

[19] E.v.Oidtman: Bd. 3 S. 522 (Bd.4, S. 326) wird 1465 Koene (Cuno) v. Ensselingen Verwandter des Johan von Büdesheim genannt;

[20] Landesarchiv NRW – Düsseldorf, Abteilung: Kurköln XII Officialat 88 (Bl. 1-52)